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The Maltby




Das ist eine ganz besondere Handschelle und eines der Highlights meiner Sammlung. Hergestellt wurde sie zu Anfang des 20. Jahrhunderts von The Mattatuck Mfg Co. in Waterbury, Connecticut, USA.


Das Modell heißt "The Maltby" nach dem Namen des Erfinders Louis F. Maltby, dem im Oktober 1904 das Patent an dieser Handschelle zugeteilt wurde (hier das Patent bei Google Patents).


Faszinierend an dieser Handschelle ist nicht allein ihr Alter, sondern auch ihre Technik: Sie ist nahezu genial konstruiert; sie hat einen Auslösehebel, der die Schelle schließen lässt, und sie hat sogar eine Arretierung im Sinne eines "double lock". Mein Exemplar hat rein äußerlich sicher schon bessere Zeiten gesehen, jedoch funktioniert sie uneingeschränkt.

Hier ein Bild der ganz geöffneten Schelle auf dem der Auslösehebel ("trigger") gut zu erkennen ist. Der Schlüssel ist nicht original, erfüllt jedoch voll und ganz seinen Zweck.


Im nächsten Bild ist die Schelle geschlossen, jedoch nicht versperrt. Jetzt ließe sie sich wieder öffnen. In dieser Schließposition des Schlosses (nach rechts) ist die Rastzunge oder Zuhaltung noch im Schlosskörper. Somit kann der Bügel frei durch die Aussparung im Schlosskörper bewegt werden. Der Bügel "schwingt" nicht, da eine Feder den Bügel in Richtung der Schließung zieht.

Ebenso wie das später hergestellte Modell "The Mattatuck" kann der Bügel sozusagen scharf gemacht werden; man öffnet ihn so weit, bis er in seiner vollen Öffnung einrastet (s. vorangegangenes Bild). Die Feder ist nun gespannt und durch Druck auf den Trigger wird der Bügel gelöst. Durch die Feder schließt sich die Schelle.


Damit die Fessel sich nicht nur schließt, sondern auch einrastet, muss das Schloss mit der Schlüsselspitze in die Mitte gedreht werden. Der federgelagerte Stift der Zuhaltung wird dadurch mit einem leise klickenden Geräusch sozusagen ausgefahren.

Hier ein Bild der "scharfen" Handschelle, die durch Druck auf den Trigger auch einrasten würde.


Will man die Handschelle anlegen, genügt es, sie an das Handgelenk zu legen und den Trigger am Handgelenk auslösen zu lassen. Die Schelle schließt und rastet gemäß der Größe des Handgelenks ein. Dabei sollte man darauf achten, wie weit das Handgelenk in der Schellenöffnung ist. Denn anders schlägt der Bügel auf der Haut auf. Die Feder ist nicht stark genug, um ernsthaft zu verletzen, jedoch schließt sich dabei die Schelle nicht unbedingt.

Hier ist die geschlossene Schelle zu sehen. Der Bügel ist eingerastet.


Das Schloss hat noch eine weitere Position, man kann es mit der Schlüsselspitze nach ganz links drehen. Dadurch wird die Schelle arretiert, d.h. sie lässt sich nicht mehr enger stellen.


Geöffnet wird die Schelle wieder, indem der Schlüssel ganz eingeführt und wieder nach rechts gedreht wird. Dann lässt sich der Schlüssel auch wieder herausziehen.

Zur Anwendung kann ich allenfalls Überlegungen anstellen, die auf Plausibilität beruhen: Die Maltby wurde von Polizisten vermutlich getragen, wobei der Schlossstellung ganz rechts war. So lässt sich die Schelle geschlossen tragen, sie kann aber geöffnet und scharf gemacht werden. Durch den Schlüssel oder passendes Werkzeug musste sie dann zum Anlegen fertig gemacht werden. Das war aber bei einer schnellen Festnahme sicherlich hinderlich. Durch die Peerless-Erfindung durchschwingender Handschellen, die einen Arbeitsschritt weniger benötigen, hatten solche Handschellen schnell ausgedient.

Und es gibt noch einen interessanten Aspekt: Ist es nicht erstaunlich, dass sich Handschellenerfinder schon vor über 100 Jahren Gedanken darum gemacht haben, eine Schelle nicht enger als nötig zu stellen, damit es nicht zu unnötigen Verletzungen kommt? Die Notwendigkeit dafür erschließt sich aus den Gedanken unveräußerlicher Rechte, vor allem der Unschuldsvermutung. Aus der Vermutung der Unschuld, bis ein Gericht die Schuld feststellt, ergibt sich das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Wenn es schon notwendig ist, Verdächtige zu fesseln, sollte dadurch keine Verletzung entstehen. Diese Handschelle ist aus diesem Blickwinkel gesehen ein technisches Dokument der Geschichte der Menschenrechte.